4 Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten der Abdichtungssysteme

4.1 Spritzbare Dichtstoffe

Jedes der unter Abbildung 1 aufgeführten Dichtstoff-Systeme ist nicht nur für ein bestimmtes Anwendungsgebiet geeignet, sondern kann auf Grund seiner mechanischen Werte, Verträglichkeiten zu Baustoffen und Beschichtungssystemen sowie Haftungseigenschaften z.T. vielseitig eingesetzt werden.

Es gibt für jedes System jedoch abhängig von diesen Eigenschaften Einsatzschwerpunkte, die ohne Anspruch auf Vollständigkeit hier aufgeführt werden.

Darüber hinaus gibt es allerdings auch bestimmte Einsatzgebiete, in denen einzelne Dichtstoff-Systeme nicht geeignet sind.
Die Hauptanwendungen werden nachfolgend aufgeführt:

4.1.1 Silikon-Dichtstoffe sauer (acetat)

  • Sanitärbereich
  • Aquarienbau
  • Silikon-Dichtstoffe besitzen eine gute UV- und Witterungsstabilität
  • Silikon-Dichtstoffe können nicht überstrichen werden

Silikon-Dichtstoffe neutral
  • Anschluss- und Bewegungsfugen an Fenster und Fassade
  • Einsatz an Metallen und spannungsfreien Kunstoffen
  • Glasversiegelung
  • Silikon-Dichtstoffe besitzen eine gute UV- und Witterungsstabilität
  • Silikon-Dichtstoffe können nicht überstrichen werden

4.1.2 Polyurethan-Dichtstoffe

  • Anschluss- und Bewegungsfugen an Fenster und Fassade
  • Bodenfugen
  • Polyurethan-Dichtstoffe besitzen keine Haftung an Glas

4.1.3 Polysulfid-Dichtstoffe

  • Bodenfugen
  • Polysulfid-Dichtstoffe besitzen eine hohe Chemikalienresistenz

4.1.4 Hybridpolymer-Dichtstoffe

  • Anschluss- und Bewegungsfugen an Fenster und Fassade
  • Hybridpolymere sind anstrichverträglich

4.1.5 Acrylatdispersions-Dichtstoffe

  • Anschlussfugen an Fenster und Fassade mit mäßiger Beanspruchung an vielen Bauteilen im Innen- und Außenbereich
  • Trockenbau
  • Porenbeton-Bereich

Acrylatdispersions-Dichtstoffe sind besonders anstrichverträglich.
Produkte mit geringer Zulässiger Gesamtverformung können, abhängig vom Einsatzbereich und Absprache mit dem Dichtstoff-Hersteller, überstrichen werden.
Acrylatdispersions-Dichtstoffe sind nicht geeignet auf Glas und glasierten Flächen und korrosionsfähigen Metallen sowie in Bodenfugen.

Die Einsatzmöglichkeiten und Qualitätsanforderungen von spritzbaren Dichtstoffen sind in einer Anzahl von IVD-Merkblättern, geordnet nach Anwendungsgebieten, ausführlich dargestellt, sodass an dieser Stelle eine Kurzdarstellung ausreichen mag.

4.1.6 Verträglichkeit der Dichtstoff-Systeme mit angrenzenden Baustoffen

Auf Grund der Vielfalt der Baustoffe ist die Kenntnis über die Baustoffverträglichkeit der verschiedenen Abdichtungssysteme von besonderer Bedeutung, da eine umfassende Beschreibung in einem Technischen Datenblatt nicht gegeben werden kann.

Die nachfolgende Tabelle 1 soll daher einen Überblick geben, welche Dichtstoffe und Fugenband-Systeme üblicherweise auf den einzelnen Untergründen einsetzbar sind.

Wichtiger Hinweis:
Die Tabelle dient lediglich als Orientierungshilfe. Auf Grund der Vielfalt der angebotenen Baustoffe und spritzbaren Dichtstoffe, insbesondere bedingt durch die sich ständig ändernden Rezepturen, bedarf es immer einer Abstimmung im konkreten Einzelfall.

Auf Grund der unterschiedlichen Rezepturen einerseits und den Untergrundvoraussetzungen andererseits, kann sie allerdings nur als Leitfaden dienen.

Ist in der Tabelle jedoch ein Minuszeichen aufgeführt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Einsatz zu Problemen in der Praxis führt.

Unabhängig von der Verträglichkeit zu dem jeweiligen Baustoff ist zusätzlich die Haftung des Abdichtungsmaterials zu prüfen bzw. mittels einer Haftungstabelle beim Hersteller zu erfragen.



+ = Einsatz möglich
- = Einsatz nicht empfohlen
E = Eignung vom Hersteller bestätigen lassen

Die Verträglichkeit beinhaltet keine Aussagen zur einwandfreien Haftung auf dem jeweiligen Untergrund.
Die Haftungstabelle des Herstellers beachten:

Tabelle 1: Verträglichkeit der verschiedenen Dichtstoff-Systeme zu angrenzenden Baustoffen
 

Silikon
sauer

Silikon
neutral
Poly-
urethan
2k -
Polysulfid
Hybrid-
Polymer
Acrylatdispersion
Acrylglas E E E E E E
Aluminium
blank
- + + + E + +
Aluminium
eloxiert
E + + E + +
Aluminium
pulverbesch.
E + + + + +
Beton - + + + + +
Faserzement - + + + + +
Glas + + - E E +
Hart-PVC - + + + + +
Holz beschichtet - + E E E +
Kalksandstein - + + + + +
Klinker - + + + + +
Kupfer - + + E + +
Naturstein - E E E E E
Porenbeton - + + + + +
Polycarbonat E E + + + -
Putz - + + + + +
Stahl, nicht rostend - + + + + +
Stahl, verzinkt - + + + + +
Stahl, pulverbeschichtet - + + + + +
WDVS - E + + + +
Ziegelsteine - + + + + +


4.2 Dichtungsbänder

Elastomer-Fugenbänder:

Zum Einsatz kommende Systemkomponenten, wie z.B. Klebstoff, Primer und Hinterfüllmaterial gehören zum Fugenabdichtungs-System und müssen entsprechend den Hersteller-Empfehlungen und gemäß den Zulassungsgrundsätzen eingesetzt werden.

Folgende Rohstoffgruppen können als Klebstoff zur Anwendung kommen:
  • Silikon
  • Polyurethan
  • Polysulfid
  • Hybrid-Polymer
  • oder Kombinationen aus diesen Rohstoffgruppen

Stoffe, die mit dem Fugenband, dem Klebstoff sowie dem Primer oder Sperrgrund in Kontakt kommen, z. B. Beschichtungen (Anstriche), Versiegelungen, Imprägnierungen, Reparaturmörtel, sind bezüglich der gegenseitigen Verträglichkeit nach DIN 52 452 zu prüfen. Hinweise zur Verträglichkeit des Untergrundes mit dem Klebstoffes können aus Tabelle 1 entnommen werden.
Elastomer-Fugenbänder sind sowohl für Fugenabdichtungen im Neubau als auch für die Instandsetzung schadhafter Fugenabdichtungen geeignet.

Anwendungsbeispiele für den Einsatz von Elastomer-Fugenbändern:
  • Unterdimensionierte Fugenbreiten
  • Überdimensionierte Fugenbreiten (größer als 35 mm)
  • Starker Fugenversatz
  • Nicht paralleler Fugenverlauf
  • Ungenügende Fugentiefe für Hinterfüllung und Dichtstoff
  • Stark schwankende Fugenbreiten
  • Fest haftender alter Dichtstoff
  • Ungenügende Festigkeit der Fugenflanken
  • Falsche Dichtstoffe in der Fuge

Ausführliche Informationen über Abdichten von Fugen im Hochbau mit aufzuklebenden Elastomer-Fugenbändern finden Sie im IVD-Merkblatt Nr. 4.

Plastische Butylbänder:
  • sind profilierte, plastische Dichtbänder, die als Ergänzung bzw. Alternative zu den üblichen spritzbaren Dichtstoffen eingesetzt werden
  • sind anwendungsfertig und nicht reaktiv
  • halten ihre Eigenschaften über Jahrzehnte aufrecht
  • sind permanent klebend und dauerplastisch mit elastischen Anteilen
  • sind selbstverschweißend und nach Verarbeitung sofort funktionstüchtig
  • sind volumenbeständig und lösemittelfrei, alterungs-, witterungs-, und UV-beständig
  • zeichnen sich durch eine sehr hohe Wasserdampfdichtigkeit aus
  • sind physiologisch unbedenklich und umweltfreundlich
  • sind praktisch unbegrenzt lagerfähig
  • sind hervorragend verträglich mit den meisten bekannten Baustoffen, unter anderem den in Tabelle 1 genannten Baustoffen
  • haften bereits ohne Primer auf den meisten bekannten Baustoffen (Primertabelle des Herstellers beachten)
Rezepturabhängige spezifische Eigenschaften wie z.B. Tack (Klebrigkeit) oder Druck- bzw. Zugfestigkeit sind Voraussetzung für die jeweilige Anwendungsempfehlung. Neben sehr universellen Anwendungen im gesamten Bau-, Industrie- und Handwerkerbereich werden Butylbänder häufig im Reparatursektor oder zur Sanierung von Feuchtigkeits- und Dichtheitsschäden für Anwendungen in den Bereichen:
  • Automobilbau
  • Kälte- und Klimatechnik
  • Schiffbau
  • Sanitär- und Elektroinstallation
  • Containerbau
  • Möbel- und Innenausbau
  • Caravanbau
  • für Küche und Bad
  • Fassadenbau
  • Dach
  • Gerätebau
  • Silotechnik
  • und gleichartige Anwendungen eingesetzt
Ausführliche Informationen über Abdichtungen mit Butylbändern sind im IVD-Merkblatt Nr. 5 beschrieben.

Vorkomprimerte und imprägnierte Dichtungsbänder:
Diese Dichtungsbänder bestehen aus Schaumkunststoff und werden auch Kompribänder genannt. Dichtungsbänder der Beanspruchungsgruppe BG1 sind für die ungeschützte Außenanwendung geeignet. Sie sind schlagregensicher bis zu einem Differenzdruck von mind. 600 Pa. Dichtungsbänder der Beanspruchungsgruppe BG2 sind ebenfalls für die Außenanwendung geeignet, dürfen aber nur weitgehend abgedeckt vor direkter Bewitterung eingesetzt werden. Sie sollten daher in Verbindung mit z. B. Verleistungen verbaut werden, sie sind schlagregensicher bis zu einem Differenzdruck von 300 Pa. Dichtungsbänder der Beanspruchungsgruppe BG R sind speziell für die Raumseite vorgesehen und dichten die Fuge luftdicht ab (a<0,1 m³/[h m (daPa)2/3]) (speziell bei Multifunktionsbändern für die Abdichtung von Fensteranschlussfugen).
Die Verträglichkeit der Kompribänder mit typischen Rahmenwerkstoffen und Baustoffen wie PVC, Holz (beschichtet/unbeschichtet), Aluminium, Beton, Ziegel, Kalksandstein ist mit der Einstufung in die entsprechende Beanspruchungsgruppe nach DIN 18542 gegeben. Bei Kontakt mit anderen Materialien müssen mit dem jeweiligen Hersteller die Verträglichkeit geklärt oder ausreichende Eigenversuche durchgeführt werden.
Ausführlichere Informationen über das Abdichten von Fenster- und Fassadenfugen mit vorkomprimerten und imprägnierten Dichtbändern finden Sie im IVD-Merkblatt Nr. 26.

4.3 Abdichtungsfolien

Sind sowohl selbstklebend ausgerüstete als auch mit Hilfe von Klebstoffen/Dichtstoffen
einzusetzende Materialien als Alternative zu spritzbaren Dichtstoffen.

Anwendungsbeispiele:
  • Innere und äußere Abdichtung von Fenstern und Türen
  • Abdichtung an Fassadenbauteilen
  • Bauwerksabdichtung am Gebäudesockel
  • Überdimensionierte Fugen
  • Unterdimensionierte Fugen
  • stark schwankende Fugenbreiten
- Abdichtungsfolien für den inneren Anschluss sind dampfdiffusionsoffen
- Abdichtungsfolien für den äußeren Anschluss sind diffusionsoffen, wasserabweisend, winddicht und schlagregenfest.

Zum Einsatz kommende Systemkomponenten wie z.B. Primer und Klebstoff gehören zum Abdichtungssystem und müssen entsprechend den Herstellerangaben eingesetzt werden.

Die Verträglichkeit von Abdichtungsfolien , Primer und Klebstoff mit den in Kontakt kommenden Baustoffen muss nach DIN 52452-4 gegeben sein.
Hinweise sind zum Teil aus der Tabelle 9 zu entnehmen.

4.4 Klebstoffe

Nebst der Verträglichkeit zum Untergrund ist die Auswahl des richtigen Klebstoffsystems entscheidend.
Der Klebstoff muss den auftretenden Belastungen während des gesamten Lebenszyklus des Bauteils standhalten können.
Es ist demzufolge wichtig, die Anforderungen welche auf den Klebstoff wirken genau zu kennen und das System dahingehend auszuwählen.

Belastungen die auf den Klebstoff einwirken können:
  • Bewegungen der Bauteile aufgrund Schwinden, Quellen, Längenänderungen bei Temperaturschwankungen u.s.w. Muss der Klebstoff diese Bewegungen auffangen können (Spannungsausgleichend) oder sollen diese Bewegungen direkt an das nächste Bauteil weitergegeben werden (Kraftschlüssig)
  • Temperaturbelastungen: Welche Temperaturen können auf den Klebstoff wirken? Werden diese Temperaturschwankungen vom Klebstoff mitgemacht oder verändern sich die Eigenschaften des Klebstoffes so stark das andere Anforderungen nicht mehr eingehalten werden können?
  • Chemische / Biologische Einflüsse: Wenn mit wiederholten / dauerhaften Einwirken von Chemikalien zu rechnen ist, muss die Verträglichkeit des Klebstoffes vorgängig abgeklärt werden.
  • Einflüsse durch UV-Strahlung: Gerade bei transparenten Untergründen muss die Haftung des Klebstoffes genau abgeklärt werden. UV Strahlung kann den Klebstoff auf Dauer angreifen oder sogar zerstören.
  • Feuchtigkeit bzw. Wasser: Wasser wirkt bei Klebstoffen wie ein Weichmacher. Je nach System mehr oder weniger stark. Dies kann auf Dauer die Festigkeit des Klebstoffes verändern oder die Feuchtigkeit unterwandert den Klebstoff und wirkt bei der Klebefläche als Trennschicht. Dadurch können Haftprobleme auftreten.
Belastung durch Lasten: Je nach Spannung die durch die verklebten Bauteile auf den Klebstoff wirken wird dieser beeinträchtigt. Bei Elastischen Klebstoffen
  • kann eine stetige Spannung dazu führen, dass sich der Klebstoff in Richtung der Last verformt.

Wichtige Hinweise zu den einzelnen Klebstoff-Typen:
  • Schmelzklebstoffe = plastische bis hochfeste Produkte erhältlich, zu beachten: hohe Temperaturen wirken auf Fügeteil
  • Dispersions-Klebstoffe = plastische Produkte für z.B. Profile kleben, zu beachten: Feuchtigkeit muss entweichen können, das heißt mind. 1 Substrat muss Dampfdurchlässig sein
  • Lösungsmittelhaltige Nassklebstoffe = plastische - spröd-harte Produkte erhältlich, diverse Untergründe möglich, zu beachten: Lösungsmittel können Fügeteil angreifen.
  • Kontakt-Klebstoffe = meist plastische kraftschlüssige Produkte. hauptsächlich Textile Bodenbeläge, zu beachten, Lösungsmittel können Fügeteil angreifen
  • Epoxidy = Metalle, hochfeste (kraftschlüssige) Klebungen, zu beachten: je nach System hohe Temperaturen zur Aushärtung notwendig. Bei 2K System muss Mischverhältnis genau eingehalten werden.
  • Polyurethane = diverse Untergründe, hochfeste (kraftschlüssig) bis elastische (Spannungsausgleichend) Produkte, 1K und 2K erhältlich
  • Silikone = elastische (Spannungsausgleichende) KS im Baubereich Hauptanwendung Glasfassaden, zu beachten: Silikonverschmutzung. Bereiche die mit Silikonbasierten Produkten in Kontakt gekommen sind ist einerseits ein Überstreichen nicht mehr möglich, andererseits ist bei Renovations- / Erneuerungsarbeiten ein vorgängig mit Silikon ausgeführter Bereich wiederum mit Silikon zu ersetzen. Ansonsten Haftprobleme vom neuen System.
  • Hybrid-Polymere = diverse Untergründe, zu beachten: 1K und 2K erhältlich. Eingeschränkte Endfestigkeit, Spannungsausgleichende Klebungen

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