8 Selbstreinigendes Glas im Fensterbau

8.1 Ist-Situation Normen und Anforderungen

Zurzeit existieren 2 Normen mit Anforderungen an Verglasungsdichtstoffe:
  • DIN 18545, die nur in Deutschland Gültigkeit besitzt
  • DIN EN ISO 11600, die internationale Gültigkeit besitzt
Die beiden Normen unterscheiden sich sowohl in der Ein­teilung der Dichtstoffklassen als auch in einigen Punkten in den Anforderungen bzw. des Prüfprogramms. Eine Harmonisierung der beiden Normen ist für die nächste Zeit vorgesehen, eine Gleichsetzung der Anforderungen an Dichtstoffe nach DIN 18545 und DIN EN ISO 11600 ist also zurzeit nicht gegeben. Die für selbstreinigendes Glas geeigneten Dichtstoffe sind entsprechend den Anforderungen nach DIN EN ISO 11600-G (G = Verglasungsdichtstoffe) geprüft und kommen sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland zum Einsatz.

Die vorstehenden Erläuterungen sollen dem Anwender bis zur Harmonisierung der Normen als Rahmenbedingungen dienen.

Bei VOB-Verträgen sind als Regelausführung nach der ATV DIN 18361 – Verglasungsarbeiten – nur Dichtstoffe nach DIN 18545-2 zu verwenden.
Deshalb bedarf bei VOB-Verträgen und anderen Bauver­trägen die Abdichtung von selbstreinigendem Glas nach DIN EN ISO 11600 Typ G einer besonderen vertraglichen Vereinbarung.

8.2 Einleitung und Wirkungsweise

Seit einigen Jahren ist es möglich, Floatglas während des Herstellungsprozesses mit einer speziellen Beschichtung (Titandioxid) zu veredeln. Diese Schicht ist widerstandsfä­hig, muss nicht erneuert oder regeneriert werden und be­sitzt eine selbstreinigende Funktion. Sie wirkt durch einen zweistufigen Prozess Verschmutzungen entgegen.

1. Bildung von aktivem Sauerstoff (Fotokatalyse)
Unter Ausnutzung des im Tageslicht vorhandenen UV-Lichts wird die Bildung von „aktivem Sauerstoff” ermöglicht. Dieser greift organische Verschmutzungen auf der Glasoberfläche an. Durch die Zersetzung an der Kontaktoberfläche zwischen dem Glas und der Verschmutzung wird die Haftung herabge­setzt und der Schmutz lässt sich besser abwaschen. Kleinere Verschmutzungen werden vollständig aufgelöst.

2. Filmbildung (hydrophile Oberfläche)
Der zweite Teil des Prozesses läuft ab, wenn Wasser auf das Glas trifft. Es bilden sich keine Tropfen. Das Wasser verteilt sich in einem gleichmäßigen Film auf der Oberfläche und nimmt den Schmutz beim Ablaufen mit. Im Vergleich zu einem konventionellen Glas trocknet das selbstreinigende Glas schneller und lässt keine Wasserflecken zurück. Man bezeichnet Glas mit der Kombination aus Fotokataly­se und Hydrophilie als selbstreinigendes Glas.

8.3 Dichtstoffe für selbstreinigendes Glas

Für die Versiegelung von Mehrscheiben-Isolierglas (Float­glas) kommen überwiegend Dichtstoffe auf Basis Silikon zum Einsatz. Selbstreinigendes Glas ist aufgrund seiner Oberflächenbeschichtung jedoch nicht verträglich mit Silikon­en und daher auch nicht mit Silikon-Dichtstoffen. Zur Ab­dichtung selbstreinigender Gläser stehen heute Dichtstoffe auf Basis Hybrid-Polymere (silanterminierte Polymere) zur Verfügung, welche diese selbstreinigende Funktion nicht beeinträchtigen. Grundsätzlich dürfen jedoch nur Dichtstoffe verwendet werden, die sowohl vom Dichtstoffhersteller als auch vom Glashersteller freigegeben werden. Diese Freiga­be gilt auch für die Innenseite der Verglasungseinheit.

8.4 Qualitätsanforderungen für Dichtstoffe am selbstreinigenden Glas

Die Prüfkriterien für Dichtstoffe am selbstreinigenden Glas entsprechen der Tabelle 5 sowie den Verträglichkeits- und Freigabeempfehlungen der Glashersteller in ihren Verarbei­ter-Informationen.

Tabelle 5: Prüfkriterien von Dichtstoffen für selbstreinigendes Glas nach
DIN EN ISO 11600-G und Zusatzanforderungen nach DIN 18545-2
Anforderungen nach DIN EN ISO 11600 Prüfmethode
Rückstellvermögen DIN EN ISO 7389-A oder B
Haft- und Dehnverhalten nach Einwirkung von Wärme und künstlichem Licht sowie Wasser DIN EN ISO 11431-A oder B (3 Wochen UV/Wasser im Zyklus)
Zugeigenschaften unter Vorspannung DIN EN ISO 8340-A oder B bei 23 °C und -20 °C
Zugeigenschaften/Dehnspannungswert DIN EN ISO 8339-A oder B
Volumenänderung DIN EN ISO 10563
Standvermögen DIN EN ISO 7390-A und B
Haft- und Dehnverhalten bei unterschiedlichen Temperaturen DIN EN ISO 9047-A oder B
Haft- und Dehnverhalten unter Vorspannung nach Eintauchen in Wasser DIN EN ISO 10590-A oder B
Druckwiderstand DIN EN ISO 11432-A oder
Zusatzanforderungen nach DIN 18545-2 Prüfmethode
Folgende Zusatzprüfungen können nach Vereinbarung vorgenommen werden:
Bindemittelabwanderung DIN 52453-2
Verarbeitbarkeit DIN EN 29048
Verträglichkeit mit anderen Baustoffen DIN 52452-1
Verträglichkeit mit anderen Beschichtungssystemen DIN 52452-4

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