7 Selbstreinigendes Glas im Fensterbau

7.1 Ist-Situation Normen und Anforderungen

Zurzeit existieren 2 Normen mit Anforderungen an Vergla­sungsdichtstoffe
  • die DIN 18545, die nur in Deutschland Gültigkeit besitzt
  • die DIN EN ISO 11600, die internationale Gültigkeit besitzt
Die beiden Normen unterscheiden sich sowohl in der Ein­teilung der Dichtstoffklassen, als auch in einigen Punkten in den Anforderungen bzw. im Prüfprogramm.
Eine Harmonisierung der beiden Normen ist für die nächste Zeit vorgesehen, eine Gleichsetzung der Anforderungen an Dichtstoffe nach DIN 18545 und der DIN EN ISO 11600 ist also zur Zeit nicht gegeben.
Die für selbstreinigendes Glas geeigneten Dichtstoffe sind entsprechend den Anforderungen der DIN EN ISO 11600-G (G = Verglasungsdichtstoffe) geprüft und kommen sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland zum Einsatz. Die vorstehenden Erläuterungen sollen dem Anwender bis zur Harmonisierung der Normen als Rahmenbedingungen dienen.

Bei VOB-Verträgen sind als Regelausführung nach der ATV DIN 18361 - Verglasungsarbeiten nur Dichtstoffe nach DIN 18545-2 zu verwenden. Deshalb bedarf bei VOB-Ver­trägen und anderen Bauverträgen die Abdichtung von selbstreinigendem Glas mit Dichtstoffen nach DIN EN ISO 11600 Typ G einer besonderen vertraglichen Vereinbarung.

7.2 Einleitung und Wirkungsweise

Seit einigen Jahren ist es möglich, Floatglas während des Herstellungsprozesses mit einer speziellen Beschichtung (Titandioxid) zu veredeln.
Diese Schicht ist widerstandsfähig, muss nicht erneuert oder regeneriert werden und besitzt eine selbstreinigende Funktion. Sie wirkt durch einen zweistufigen Prozess Ver­schmutzungen entgegen.

1. Bildung von aktivem Sauerstoff (Fotokatalyse)
Unter Ausnutzung der im Tageslicht vorhandenen UV-Strahlung bildet sich aktiver Sauerstoff. Dieser greift organische Verschmutzungen auf der Glasoberfläche an. Durch die Zersetzung an der Kon­taktoberfläche zwischen dem Glas und der Verschmut­zung wird die Haftung herabgesetzt und der Schmutz lässt sich besser abwaschen. Kleinere Verschmutzungen werden vollständig aufgelöst.
 
2. Filmbildung (Hydrophile Oberfläche)
Der zweite Teil des Prozesses läuft ab, wenn Wasser auf das Glas trifft. Es bilden sich keine Tropfen. Das Wasser verteilt sich in einem gleichmäßigen Film auf der Ober­fläche und nimmt den Schmutz beim Ablaufen mit. Im Vergleich zu konventionellem Glas trocknet das selbstreinigende Glas schneller und lässt keine Wasser-flecken zurück. Man bezeichnet Glas mit der Kombination aus Fotokata­lyse und Hydrophilie als selbstreinigendes Glas.

7.3 Dichtstoffe für selbstreinigendes Glas

Für die Versiegelung von Mehrscheiben-Isolierglas (ohne selbstreinigende Beschichtung) kommen überwiegend Dichtstoffe auf Basis Silicon zum Einsatz. Selbstreinigen­des Glas ist aufgrund seiner Oberflächenbeschichtung jedoch nicht verträglich mit Siliconen und daher auch nicht mit Silicon-Dichtstoffen.
Zur Abdichtung von selbstreinigendem Glas stehen heute Dichtstoffe auf Basis Hybrid-Polymer (silanterminierte Poly­mere) zur Verfügung, welche diese selbstreinigende Funktion nicht beeinträchtigen. Grundsätzlich dürfen jedoch nur Dicht­stoffe verwendet werden, die sowohl vom Dichtstoffhersteller als auch vom Glashersteller freigegeben werden. Diese Freigabe gilt auch für die Innenseite der Verglasungseinheit.

7.4 Qualitätsanforderungen für Dichtstoffe an selbstreinigendem Glas

Die Prüfkriterien für Dichtstoffe an selbstreinigendem Glas entsprechen der Tabelle 5 sowie den Verträglichkeits- und Freigabeempfehlungen der Glashersteller in deren Verarbei­ter-Informationen.

Tabelle 5: Prüfkriterien von Dichtstoffen für selbstreinigendes Glas nach DIN EN ISO 11600 und Zusatzanforderungen nach DIN 18545
Anforderungen nach DIN EN ISO 11600 Prüfmethode
Rückstellvermögen DIN EN ISO 7389-A oder B
Haft- und Dehnverhalten nach Einwirkung von Wärme und künstlichem Licht sowie Wasser DIN EN ISO 11431-A oder B (3 Wochen UV/Wasser im Zyklus)
Zugeigenschaften unter Vorspannung DIN EN ISO 8340-A oder B bei 23 °C und -20 °C
Zugeigenschaften/Dehnspannungswert DIN EN ISO 8339-A oder B
Volumenänderung DIN EN ISO 10563
Standvermögen DIN EN ISO 7390-A und B
Haft- und Dehnverhalten bei unterschiedlichen Temperaturen DIN EN ISO 9047-A oder B
Haft- und Dehnverhalten unter Vorspannung nach Eintauchen in Wasser DIN EN ISO 10590-A oder B
Druckwiderstand DIN EN ISO 11432-A oder B
Zusatzanforderungen nach DIN 18545-2 Prüfmethode
Folgende Zusatzprüfungen können nach Vereinbarung vorgenommen werden:
Bindemittelabwanderung DIN 52453-2
Verarbeitbarkeit DIN EN 29048
Verträglichkeit mit anderen Baustoffen DIN 52452-1
Verträglichkeit mit anderen Beschichtungssystemen DIN 52452-4


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