5 Die Überstreichbarkeit

Sie bewertet und beurteilt:
  • die vollflächig beschichtete Dichtstoffoberfläche.
 Die Definition nach DIN 52460 lautet:
„Eigenschaft eines Dichtstoffes, ganzflächig überdeckend mit einem oder mehreren Anstrichen beschichtet werden zu können, ohne dass sich schädigende Wechselwirkungen ergeben.
 
Anmerkung 1 zum Begriff: Die Prüfung kann nach DIN 52452-4 erfolgen.“
 
Prüfung A 3 in DIN 52452-4
Für die Beurteilung einer Beschichtung auf der Dichtstoffoberfläche gilt, dass keine feststellbaren Mängel zu verzeichnen sein dürfen.
Die Prüfung nach A3 sieht lt. Tabelle 1 vor, den überstrichenen Probekörper in einem Dehn-/ Stauchzyklus um den Prozentsatz zu belasten, den der Dichtstoff-Hersteller als Zulässige Gesamtverformung (Bewegungsvermögen) angibt:

Zulässige Gesamtverformung (Bewegungsvermögen) des Dichtstoffs lt. Techn. Datenblatt
Prüfdehnung und –stauchung im überstrichenen Zustand
12,5 %
12,5 %
20 %
20 %
25 %
25 %
Tabelle 1: Prüfdehnung bei der Bewertung der Überstreichbarkeit  
 
Bewegungsausgleichende Dichtstoffe dürfen aus technischen Gründen nur bedingt ganzflächig überstrichen werden.
Wird dies trotzdem verlangt oder notwendig, dann muss die Beschichtung mit dem Dichtstoff verträglich sein und die vom Dichtstoff auszugleichenden Bewegungen ohne optische und/oder mechanische Mängel mitmachen. Dies muß von den Herstellern des Dichtstoffs sowie des Beschichtungssystems bestätigt werden. 
 
Anmerkung:
Die Beurteilung A 3 nach DIN 52452-4 ermöglicht es sowohl dem Hersteller eines Dichtstoffs als auch dem eines Beschichtungsstoffs, das Produkt dahingehend zu beurteilen, ob es in Verbindung mit dem jeweils anderen Material alle für einen funktionsfähigen Einsatz notwendigen Eigenschaften aufweist.

Der Begriff „überstreichbar“ im Sinne dieser Norm beinhaltet nicht nur die Angabe des Beschichtungssystems in dem gewünschten optischen Endzustand, sondern auch, dass das Gesamtsystem (Dichtstoff, ggf. Grundierung, Beschichtung) diese Forderungen erfüllen muss: 
  • Mängelfreie Beschichtung der Dichtstoffoberfläche
  • Einwandfreie Durchtrocknung der Beschichtung
  • Keine Farbänderungen der Beschichtung
  • Haftung der Beschichtung auf dem Dichtstoff
  • Dehnfähigkeit ohne Rissbildung in der Beschichtung.
Ein Beschichtungssystem (Beschichtung, ggf. mit Grundierung), dass die zuvor genannten Punkte ohne Einschränkung erfüllt, kann in Form der gewünschten Beschichtung angewandt werden.
Eine Hilfe für den Verarbeiter in der täglichen Praxis soll die folgende Tabelle 3 sein, die eine Beurteilung und Einschätzung von sichtbaren Mängeln ermöglicht.
 
Beim Überstreichen von bewegungsausgleichenden Dichtstoffen sind folgende Störungen zu erwarten und müssen beachtet werden:
Störungen
Erscheinung
Ursache
Wo treten die Störungen auf?
VS* = Verlaufstörung
Benetzung und Haftung der Beschichtung auf dem Dichtstoff gestört
Unverträglichkeit der Systeme, insbesondere bei Silicon-Dichtstoffen
Kann bei allen Dichtstoffen und Beschichtungssystemen auftreten
KL* = keine Trocknung, klebrige Oberfläche
Beschichtung optisch und mechanisch gestört, hohe Verschmutzungsgefahr
Unverträglichkeit der Produkte, meist wegen Weichmacherwanderung
Kann bei allen Dichtstoffen und Beschichtungssystemen auftreten, insbesondere bei Hybrid-Polymeren, PU-und Polysulfid-Dichtstoffen
KH = keine Haftung der ausgehärteten Beschichtung am Untergrund im angrenzenden Bereich. Gitterschnittprüfung nach DIN 53151
Beschichtung optisch mangelhaft, Benetzung und Haftung der Beschichtung auf dem Untergrund teilweise sichtbar gestört. Funktion der Beschichtung eingeschränkt
Kontaminierung der an-grenzenden Fugen-bereiche mit Dichtstoff-bestandteilen z. B. beim Glätten mit zuviel Netz- mittel oder Verteilen des Dichtstoffs in die Fugen-randbereiche mit Glättspachtel
Insbesondere bei Silicon-Dichtstoffen
RU* = Runzeln in der Beschichtung
Beschichtung optisch und mechanisch gestört
Unverträglichkeit der Produkte, Stauchung des Dichtstoffs bei Überforderung der Bewegungsaufnahme der Beschichtung
Kann bei allen Dichtstoffen und Beschichtungssystemen auftreten
VF* = Verfärbungen
Optische Störung der Beschichtung
Wechselwirkung als Folge der Unverträglichkeit der Produkte
Kann bei allen Dichtstoffen und Beschichtungssystemen auftreten, z. B. durch Weichmacherwanderung
RB* = Rissbildung in der Beschichtung
Optische und technische Störung der Beschichtung
- Die Beschichtung ist weniger deformierbar (dehnbar) als der Dichtstoff
- Haarrissbildung in der Beschichtung während der Trocknungsphase der Beschichtung, insbesondere bei hochgefüllten Systemen
- Kerbrissbildung der Beschichtung mit nachfolgenden Dichtstoffschäden (mögliche Kohäsionsrisse) und optischen Mängeln (Verschmutzungen an der Oberfläche)
Kann bei allen Dichtstoffen und Beschichtungssystemen auftreten, wenn bewegungsausgleichende Dichtstoffe überstrichen werden
Beschichtung auf der Dichtstoffoberfläche zeichnet sich optisch, z. B. etwas dunkler ab (Markierung)
Optische Störung der Beschichtung auf Dichtstoff und angrenzenden Bauteiloberflächen
Unterschiedliche Auftragsstärken (Deckkraft) der Beschichtung auf der Dichtstoffoberfläche und den angrenzenden Oberflächen
Überwiegend in Verbindung mit Acryl-Dichtstoffen, die zum Füllen von Putzrissen und -löchern, Anschlüssen an Tapeten, Gipsplatten und anderen Innenanwend-ungen eingesetzt werden
*= Die Kurzzeichen sind DIN 52452-4 entnommen
Insbesondere die Rissbildung im Beschichtungssystem ist in der Praxis häufig zu beobachten und Grund für Beanstandungen. Sie wird meist durch die thermisch bedingten Längenänderungen oder Setzbewegungen von Bauteilen hervorgerufen, z. B. in Außenwandfugen und in Anschlussfugen zwischen verschiedenen Bauelementen, z. B. an Fenstern und Türen und anderen Bauteilen. Die real auftretenden Bewegungen werden häufig bei der Planung der Ausführung unterschätzt.
 
Treten die genannten Störungen auf, können sie in der Regel nicht ohne größeren Aufwand beseitigt werden. Das Entfernen der defekten Beschichtung durch z. B. Abwaschen mit einem geeigneten Lösemittel ist kaum ohne Beeinträchtigung der angrenzenden Bauteile oder auch Beschädigung der Dichtstoffoberfläche möglich. In vielen Fällen bleibt nur das Herausschneiden und Ersetzen des Dichtstoffs.

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